Der Mobilitätskuchen wird immer größer

Diskussionsrunde Bus oder Bahn?

V. l. Dr. van Hoorn, Donth MdB, Dr. Peterson, Neumann (Moderator), Schwämmlein, Gipp; Bild: Ingrid Kudirka
V. l. Dr. van Hoorn, Donth MdB, Dr. Peterson, Neumann (Moderator), Schwämmlein, Gipp; Bild: Ingrid Kudirka

Zum Medienforum des Tourismus-Dialog hat sich DVF-Geschäftsführerin Dr. Heike van Hoorn der Debatte über den Fernbusmarkt gestellt. Man hätte eine kontrovers aufgestellte Diskussion mit vielen Streitpunkten zwischen Bus und Bahn erwartet, schließlich werden sie gerne als harte Konkurrenten gezeichnet. Doch in wesentlichen Aspekten zeigte sich ein anderes Bild.

 

„Der Mobilitätskuchen wird immer größer. Deshalb ist es grundsätzlich gut, Fahrgäste zu poolen“, sagte eingangs Dr. Heike van Hoorn, DVF-Geschäftsführerin, zu der grundsätzlichen Frage, wer die Nase vorn hat: Bus oder die Bahn? „Das DVF steht ja gerade für die Integration der Verkehrsträger und die Zusammenarbeit der jeweiligen Verkehrsmittel. Die alten Grabenkämpfe – einen Verkehrsträger gegen den anderen ausspielen – haben wir hoffentlich hinter uns gelassen“, so die DVF-Chefin. Die Liberalisierung des Fernbusmarktes habe zu mehr Wettbewerb geführt, von dem die Kunden profitiert haben. Van Hoorn sagte, mehr Menschen zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu bewegen, werde auch durch den Fernbus erreicht. „Die Zahl der Reisenden steigt und Bus, Bahn oder auch das Flugzeug bedienen andere Marktsegmente. Jetzt können auch Menschen reisen, die vorher selten oder gar nicht unterwegs waren. Wir wollen die Verkehrsprobleme mit allen Verkehrsträgern lösen.“

Christoph Gipp, Geschäftsführer IGES Institut, hat anhand von Untersuchungen belegt, dass der Fernbus dem Fernverkehr der Deutschen Bahn kaum Kunden abgeworben habe, demnach sei die anfangs befürchtete Kannibalisierung ausgeblieben. Er bestätigte, dass Bus und Bahn unterschiedliche Marktsegmente bedienten. Gipp verwies darauf, dass der Preiskampf zwischen den ursprünglich vielen Fernbusunternehmen auch bei der Bahn zu sinkenden Ticketpreisen geführt habe.

Dr. Michael Peterson, Vorstand Marketing der DB Fernverkehr, zeigte sich vom Fernbus nicht bedroht. Vielmehr habe der Wettbewerb der Bahn Impulse gegeben. So würden inzwischen bessere Verbindungen angeboten. Gegenseitig habe man voneinander gelernt, so auch das Fazit von André Schwämmlein, Geschäftsführer Flixbus. Er musste eigenen Angaben zufolge lernen, dass der Vertrieb nicht ausschließlich über das Internet abgewickelt werden könne, sondern die Menschen ein Ticket in der Hand haben möchten. „Daher haben wir mittlerweile viele stationäre Vertriebsstationen aufgebaut.“

Verkehr nicht verteuern

Van Hoorn widersetzte sich vehement einer weiteren Verteuerung der Mobilität. Auslöser war die Aussage von Michael Donth, MdB, dass eine Fernbusmaut wohl unvermeidbar sei. Die Pkw-Maut sei in Vorbereitung und der Lkw zahle seit Jahren Mautgebühren. Schwämmlein gab dabei zu bedenken, dass solche Verteuerungen Lenkungswirkungen entfalten. Dies könne dazu führen, dass wieder mehr Menschen mit dem Auto führen und dadurch die Autobahnen mehr belastet würden. „Wir sollten Mobilität nicht durch Abgaben und Steuern verteuern, sondern vielmehr die Bahn beispielsweise von der EEG-Umlage und Stromsteuer befreien, weil sie umweltfreundlich mit Strom unterwegs ist. Wenn die Politik wolle, dass mehr Menschen mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs seien, dürfe diese auf der anderen Seite nicht verteuert werden.“

Zum Thema Umweltfreundlichkeit sagte Dr. Peterson, dass für die Fahrgäste der CO2-Fußabdruck und der Komfort bei der Wahl des Verkehrsmittels zunehmend wichtig seien. Auch sei zu beobachten, dass die Toleranzschwelle für Verspätungen je nach Verkehrsmittel unterschiedlich wäre. Das liege an der Erwartungshaltung und an dem subjektiven Empfinden. „Im Bus sieht man ganz genau, ob es einen Stau gibt. Im Zug geht das nicht und das führt zur Ungeduld.“ Donth forderte an dieser Stelle eine bessere Information der Fahrgäste, auch in den Zügen.

Digitalisierung vorantreiben

Zum Abschluss der Diskussion thematisierte van Hoorn die flächendeckende Versorgung mit Breitband sowie die Digitalisierung des Mobilitätssektors. Es sei sehr wichtig, zunächst entlang der Hauptverkehrsadern und auch an Logistikstandorten Breitband auszubauen. „Für die Fahrgäste und Unternehmen ist es unbedingt nötig, jederzeit ein mobiles Breitbandnetz zu haben. Nicht nur für Tickets und Buchung. Die Verkehrsmittel müssen auch untereinander kommunizieren können und die Informationen über Verspätungen müssen in Echtzeit zur Verfügung stehen.“ Michael Donth, MdB; unterstrich die Forderung nach einem Breitbandausbau und verwies auf den Koalitionsvertrag, in dem der Ausbau bis 2025 festgeschrieben wurde. Die große Perspektive sah Schwämmlein darin, Mobilitätsangebote anzubieten und aufrecht zu erhalten und zwar so, dass diese für die langfristige Zukunft attraktiv bleiben.