Welchen Rahmen braucht CO2-Speicherung als Geschäftsmodell im Schienengüterverkehr ?

Welchen Rahmen braucht CO2-Speicherung als Geschäftsmodell im Schienengüterverkehr ?

Quelle: Julian Madsen/ GATX Rail Germany GmbH

Julian Madsen, Strategy & Sales Development Manager Europe bei GATX Rail Germany, warnte davor, dass die gesetzten Reduktionsziele für CO2-Emissionen in der EU nicht mehr erreicht werden, da ein erheblicher Teil der Emissionen weiterhin unvermeidbar ist. In Deutschland seien etwa 40 Prozent der Emissionen unvermeidbar, da keine klimafreundlichen Alternativen existieren und technologische Fortschritte in diesem Bereich begrenzt seien. Um diese unvermeidbaren Emissionen zu bewältigen, schlägt Madsen vor, sie industriell abzuschneiden, zu reinigen, zu komprimieren und dann entweder durch Carbon Capture and Storage (CCS) oder Carbon Capture Utilisation (CCU) zu speichern oder zu nutzen. Diese Emissionen könnten über Pipelines oder die Schiene transportiert werden, wobei die Schiene aufgrund ihrer bestehenden Infrastruktur einen Vorteil bietet.

"GATX hat bereits Wagen-Konzepte mit unterschiedlichen Produkthaltezeiten für verschiedene logistische Szenarien entwickelt. Der Bau einer Pipeline kann zehn bis 15 Jahre dauern."

Julian Madsen

„GATX hat bereits Wagen-Konzepte mit unterschiedlichen Produkthaltezeiten für verschiedene logistische Szenarien entwickelt. Der Bau einer Pipeline kann zehn bis 15 Jahre dauern. Ich gehe deshalb davon aus, dass eine Koexistenz von Schiene und Pipeline aufgrund des hohen Transportvolumens sehr wahrscheinlich ist“, so Madsen. Aktuell sehe sich GATX in der Rolle eines Investors in eine Flotte für CO2, der Sicherstellung des Betriebs, des Fullservice-Mietmodells und als Enabler für eine erfolgreiche Energiewende. Eine der Hauptbarrieren, so Madsen, sei jedoch das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage für den CO2-Transport und die Abscheidung. „Das ist ein großes Investitionsrisiko für Wagenhalter.“

Madsen unterstreicht die Dringlichkeit dieser Maßnahmen an einem konkreten Beispiel: In einem durchschnittlichen Zementwerk fallen pro Jahr ca. 1 Million Tonnen CO2 an. Dies komme einem Transportvolumen von ca. 2,5 Ganzzügen pro Tag gleich und setzt ein Investitionsvolumen in Höhe eines 2-stellingen Millionenbetrages voraus. GATX investiere derzeit in Prototypen. Ohne gesetzliche Grundlage würden sich Serienproduktion verschieben und Klimaziele gefährden.

Digitale Schieneninfrastruktur: Stuttgart auf dem Weg zur Vorreiterschaft

Digitale Schieneninfrastruktur: Stuttgart auf dem Weg zur Vorreiterschaft

Quelle: Thomas Vogel/ Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg

Das Projekt "Digitaler Knoten Stuttgart" (DKS) nimmt Fahrt auf und setzt Maßstäbe für die digitale Zukunft des Schienenverkehrs. Unter Thomas Vogel, dem Leiter Projektgruppe „Digitale Schiene“– eingebettet im Referat 36 „Schienengroßprojekte“ des Ministeriums für Verkehr Baden-Württemberg, soll der DKS als wegweisendes Pilotprojekt der „Digitalen Schiene Deutschland“ (DSD) grundlegende Standards und Technologien für die Digitalisierung der Schiene etablieren. Ein zentraler Baustein dieses ambitionierten Vorhabens ist das European Train Control System (ETCS). Die Projektgruppe, die bereits im Jahr 2020 ins Leben gerufen wurde, arbeitet daran, nicht nur den DKS umzusetzen sondern die Digitale Schiene in ganz Baden-Württemberg voranzutreiben. Als Ländervertreter für die „Digitale Schiene“ teilt Vogel die gewonnenen Erkenntnisse auch bundesweit.

"Um Synergien und Kosten zu sparen, ist von Anfang an eine passgenaue DSD-Fahrzeugausrüstung angezeigt."

Thomas Vogel

„Eine große Herausforderung ist die Nachrüstung von 333 Triebzügen bei der S-Bahn und im Regionalverkehr in der Region Stuttgart bis zur Inbetriebnahme des „Digitalen Knoten Stuttgart“. Die Regionalverkehrsfahrzeuge sind dabei sogar an verschiedene Eisenbahnverkehrsunternehmen verpachtet und stammen von unterschiedlichen Herstellern. Um Synergien und Kosten zu sparen, ist von Anfang an eine passgenaue DSD-Fahrzeugausrüstung angezeigt. Neben der zweistufigen Fahrzeugausrüstung gilt es bspw. das GSM-R-Nachfolgebahnfunksystem (FRMCS) mitzudenken“, erklärte Vogel.

Insgesamt sei die Umrüstung ein massiver, aber unumgänglicher Eingriff in das Fahrzeug. Das Bundesverkehrsministerium fördere die DSD-Fahrzeugausrüstung für den DKS pilothaft, um Grundlagen für eine flächendeckende Umsetzung zu erhalten. Die Evaluierung der Bundesförderung macht laut Vogel deutlich, dass eine zentrale Koordinierungsstelle des Bundes für den fahrzeug- und infrastrukturseitigen Rollout des digitalen Schienenverkehrs notwendig ist, um eine effiziente Umsetzung sicherzustellen.

Visionäre Pläne für die Zukunft des Schienenverkehrs in den Niederlanden treffen auf Herausforderungen

Visionäre Pläne für die Zukunft des Schienenverkehrs in den Niederlanden treffen auf Herausforderungen

Bild Quelle: DVF/Photothek/ V. l.: Thomas Vogel; Klaas Hofstra

Klaas Hofstra, Senior Advisor, Kapazitätsentwicklung, ProRail Niederlande, beschrieb die Herausforderungen und visionären Pläne für die Zukunft des niederländischen Schienenverkehrs so: „Mit der höchsten Bevölkerungsdichte in der EU und einem stark frequentierten Schienennetz mit bis zu 14 Zügen pro Stunde auf zweigleisigen Hauptstrecken stehen die Niederlande vor einzigartigen Herausforderungen.“ Hofstra hat Erfahrungen sowohl in Japan als auch in den Niederlanden gesammelt. Ein grundlegender Umbau des Schienennetzes sei notwendig, so sein Resümee. Insbesondere wies er darauf hin, dass das aktuelle System in den Niederlanden nicht mehr den modernen Anforderungen wie einem integrierten Taktfahrplan gerecht werde. Beispielsweise stamme das Layout des Amsterdamer Hauptbahnhofs noch aus der Dampflokzeit, während Tokio mit weniger Weichen dreimal so viele Züge abwickeln könne. Ein bemerkenswertes Beispiel für eine erfolgreiche Modernisierung sei der Hauptknotenpunkt Utrecht. Dieser wurde 2016 nach einem umfassenden Umbau neu in Betrieb genommen und durch die Reduzierung von Weichen und zusätzliche Bahnsteige die Kapazität auf der gleichen Fläche um 100 Prozent erhöht.

"Mit der höchsten Bevölkerungsdichte in der EU und einem stark frequentierten Schienennetz mit bis zu 14 Zügen pro Stunde auf zweigleisigen Hauptstrecken stehen die Niederlande vor einzigartigen Herausforderungen.“

Klaas Hofstra

Basierend auf diesem Erfolg würden die Niederlande anstreben, alle Knotenpunkte im Land nach derselben Logik umzubauen. Bis 2030 sollen etwa 1500 Weichen entfernt werden. Dieser Plan umfasse auch den Rollout des European Train Control Systems (ETCS) und die Umrüstung von Rollmaterial bis 2032.

Handlungsdruck im deutschen Schienenverkehr: Deutsche Bahn verfolgt ambitionierte Investitionspläne

Handlungsdruck im deutschen Schienenverkehr: Deutsche Bahn verfolgt ambitionierte Investitionspläne

Bild Quelle: DVF/Photothek/ V. l.: Irmtraut Tonndorf, Thomas Vogel, Berthold Huber; Klaas Hofstra; Dr. Markus Ksoll, Dr. Heike van Hoorn (DVF)

Bei der Schieneninfrastruktur besteht hoher Handlungsdruck. Sie ist an vielen Stellen hoch ausgelastet, zu alt und damit zu störanfällig. Der Investitionsstau hat sich von 50 auf mehr als 80 Milliarden Euro aufgetürmt. Dr. Markus Ksoll, Leiter Wirtschaft, Politik und Regulierung, Deutsche Bahn AG, machte deutlich, dass die DB entschlossen sei, mit dem Bund umfassende Investitionspläne voranzutreiben. Sie sind verbunden mit der Schaffung einer gemeinwohlorientierten Infrastruktursparte, „DB InfraGO AG“.

„Im Rahmen des neuen Bewirtschaftungssystems werden sieben Maßnahmenfelder angegangen, darunter die Schaffung eines Hochleistungsnetzes, Zukunftsbahnhöfe, schnelle Kapazitätserweiterungen und Digitalisierung."

Dr. Markus Ksoll

Das strategische Reformkonzept umfasst fünf Säulen:

  1. Ein neues Bewirtschaftungssystems – u. a. mit der Generalsanierung hochbelasteter Korridore und der Schaffung von Zukunftsbahnhöfen,
  2. die Anpassung der gesetzlichen Grundlagen – insbesondere mit der Novelle des Bundesschienenwegeausbaugesetzes,
  3. die Verbesserung des Finanzierungsrahmens - in Bezug auf das Volumen und perspektivisch die Einfachheit,
  4. ein neues Steuerungsmodells durch den Bund – mit dem Infraplan als Kernelement.
  5. die Zusammenlegung der beiden Gesellschaften DB Netz AG und DB Station&Service AG zur DB InfraGO AG - für mehr Schlagkraft und Effizienz in der Umsetzung bei Bahnhöfen und Fahrweg.

„Im Rahmen des neuen Bewirtschaftungssystems werden sieben Maßnahmenfelder angegangen, darunter die Schaffung eines Hochleistungsnetzes, Zukunftsbahnhöfe, schnelle Kapazitätserweiterungen und Digitalisierung. Der zusätzliche Finanzierungsbedarf wurde bereits auf 45 Milliarden Euro taxiert. Die Koalition hat sich dazu bekannt, diesen – soweit finanziell darstellbar – decken zu wollen“, so Ksoll. Das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 15. November 2023 habe zu offenen Punkten in den Haushaltsverhandlungen geführt. Dennoch bestehe Einigkeit mit dem Bund die Planungen für das Hochleistungsnetz voranzutreiben, denn ohne eine umfassende Korridorsanierung würde sich der Zustand der Infrastruktur verschlechtern. Die DB wolle das Fahren der Infrastruktur auf Verschleiß beenden.

Hupac unterstützt InfraGo

Hupac unterstützt InfraGo

Quelle: Irmtraut Tonndorf/ Hupac Intermodal SA)

Irmtraut Tonndorf,  Director Communications & Marketing Hupac Intermodal SA, sprach über die aktuellen Herausforderungen, denen sich das Unternehmen gegenübersieht: „Für uns stehen die Lage und Zukunftsaussichten des Schienengüterverkehrs im Fokus.“ Schließlich würden 90 Prozent der Hupac-Züge durch Deutschland fahren. Die Verkehrssituation sei bereits heute anspruchsvoll, da die Straße über höhere Kapazitäten verfüge als die Schiene. Daher unterstütze Hupac die Pläne zur "InfraGo". Hier gehe es um die Bedeutung einer nachhaltigen industriellen Versorgung, der Einbindung der Kunden in Entscheidungsprozesse, der Steuerung durch öffentliche Institutionen sowie einer langfristig gesicherten Finanzierung für den Schienengüterverkehr, unterstich Tonndorf.

„Für uns stehen die Lage und Zukunftsaussichten des Schienengüterverkehrs im Fokus.“

Irmtraut Tonndorf

Doch die Generalsanierung des Schienengüterverkehrs würde auch Herausforderungen mit sich bringen, beispielsweise hohe Mehrkosten und Kapazitätsdefizite. „Die Situation wird durch noch nicht vollständig bekannte Alternativangebote und Umleitungen auf bereits überlasteten Strecken erschwert. Es besteht ein reales Risiko einer Verlagerung auf andere Verkehrsträger mit langfristigen Auswirkungen“, warnte Tonndorf. Hupac forderte daher zusätzliche Investitionen für den Betrieb des Umleitungsverkehrs. Um die Auswirkungen zu mildern, seien sowohl Maßnahmen von DB Netz als auch von den Marktteilnehmern erforderlich. Auch müsse über die Kompensation betrieblicher Mehrkosten oder Umsatzausfälle durch die öffentliche Hand diskutiert werden.