Bundesverkehrswegeplan 2030

Stellungnahme des Deutschen Verkehrsforums zum Entwurf des Bundesverkehrswegeplans 2030

Deutsche Bahn AG / Claus Weber
Deutsche Bahn AG / Claus Weber

Das Deutsche Verkehrsforum (DVF) als Gesamtvertretung der Mobilitätsbranche begrüßt ausdrücklich den vorliegenden Entwurf des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) 2030 des Bundesministeriums für Verkehr und Digitale Infrastruktur (BMVI). Damit wird in großen Teilen den Forderungen aus dem „Zukunftsprogramm Verkehrsinfrastruktur“ des DVF nach einer stringenten Priorisierung der Projekte und der Stärkung des Gesamtnetzgedankens Rechnung getragen.

Besonders positiv sind dabei hervorzuheben: 

  • die klare Rangfolge von Erhalt vor Ausbau vor Neubau und der Ansatz von 2/3 des Finanzvolumens des BVWP für den Erhalt, 
  • die Ausrichtung des BVWP am realistisch zur Verfügung stehenden Finanzvolumen im Bundeshaushalt, 
  • die stärkere Priorisierung von Projekten durch eine neue Kennzeichnung „Vordringlicher Bedarf Engpassbeseitigung“ (VB-E), sowie 
  • die Sensitivitätsanalyse der Projekte u.a. mit Berücksichtigung der Gesamtnetzwirkung.

Offene Punkte im Umfeld der Umsetzung des BVWP 2030 sind jedoch u.a.: 

  • die Offenlegung von Details zur Erhaltungsbedarfsprognose, 
  • die ausreichende finanzielle Unterlegung der Projekte zur Stärkung der Schienenverkehrsknoten, 
  • die Bündelung und vorrangige Realisierung von kleineren Maßnahmen mit hoher verkehrlicher Gesamtwirkung in den Investitionsplänen, 
  • das Durchhalten der Erhaltungs- und Gesamtnetzstrategie und daraus folgender Prioritäten bei der zeitlichen Reihenfolge der Umsetzung und bei der späteren Aufteilung des Budgets, 
  • die Erstellung und regelmäßige Aktualisierung eines Verkehrsinfrastrukturberichtes als Informationsbasis und Erfolgsmaßstab für die Umsetzung des BVWP, 
  • die transparente Einbeziehung einer durchschnittlichen Teuerungsrate sowie
  • die Darstellung und Fortschreibung von daraus entstehenden Mehrkosten als notwendiger Risikopuffer für die finanzielle Unterlegung des BVWP.

Im Einzelnen sehen wir noch den folgenden Handlungsbedarf:

Finanzierungsplan Aus Sicht des DVF muss unbedingt im endgültigen BVWP 2030 – oder spätestens in den Ausbaugesetzen und Investitionsplänen – der notwendige Finanzbedarf nicht nur dokumentiert, sondern vor allem auch entsprechend der Teuerungsrate fortgeschrieben werden. Im BVWPEntwurf wird diese Problematik zwar mit Hinweis auf eine Baukostensteigerung von 28% zwischen 2001 und 2014 angesprochen, aber weder problematisiert noch ein Handlungsbedarf daraus abgeleitet.

Alleine die Kosten der Asphalttragschicht haben sich beispielsweise seit 2005 durch steigende Rohstoffpreise um mehr als 40% erhöht. Seit 2000 sind die Neubaupreise der Verkehrswege - 2 - im Durchschnitt um rund 2% jährlich gestiegen. Dadurch kommt es zu einer schleichenden Unterfinanzierung bzw. Überzeichnung des BVWP 2030. Bezogen auf die vorrangige Erhaltung der Verkehrswege bedeutet dies einen Anstieg des jährlichen Erhaltungsbedarfs von 7,3 Mrd. EUR in 2015 auf 10 Mrd. EUR in 2030.

Der BVWP als strategischer Rahmenplan für die Verkehrsinfrastruktur sollte den politischen Entscheidungsträgern daher in der Übersicht und bei den einzelnen Projekten verdeutlichen, wie der realistische Finanzbedarf und Spielraum für Investitionsentscheidungen ist und wie viel jede verzögerte Verkehrsinvestition den Steuerzahler kostet.

Priorisierung

Das DVF unterstützt das BMVI in seinen Bemühungen, mit einer stärkeren Priorisierung als bisher Projekte mit besonderer Bedeutung für das Gesamtnetz vorrangig zu behandeln. Die neue Kennzeichnung „Vordringlicher Bedarf Engpassbeseitigung“ (VB-E) ist zwar keine eigene Kategorie im BVWP, sie muss dennoch ein wichtiges Hilfsmittel dabei sein, den prioritären Bedarf besonders herauszustellen und bevorzugt umzusetzen.

Jetzt kommt es ganz besonders darauf an, diese Priorisierung auch bei der Umsetzung des BVWP weiter durchzuhalten. Daher muss bei der Verabschiedung der Ausbaugesetze, der Aufstellung der Investitionspläne und ihrer Umsetzung darauf geachtet werden, dass keine nachrangigen Projekte vorgezogen werden und die Priorisierung damit konterkarieren.

Vor dem Hintergrund des Instrumentes der Überjährigkeit gilt es somit, am Jahresende verbleibende Haushaltsmittel bei der Verzögerung vordringlicher Projekte eben nicht für nachrangige Projekte zu verwenden, sondern in die Folgejahre zur Verwendung im Rahmen der notwendigen Prioritäten zu übertragen.

Nachsteuerung

Bei der Umsetzung des BVWP 2030 gibt es darüber hinaus noch die folgenden Vorhaben zu beachten: 

  • Die Ertüchtigung der Knoten ist im BVWP nur grob skizziert und mit angesetzten 2,5 Mrd. EUR gegenüber dem eigentlichen Bedarf von 7,5 Mrd. EUR unterfinanziert. 
  • Einige Projekte wie das Alpha-E kamen sehr spät in den BVWP, so dass noch keine Zahlen zum Investitionsbedarf vorliegen. Hier muss dringend in den Investitionsplänen nachgesteuert werden, sobald belastbare Zahlen vorliegen. 
  • Gleiches gilt für die noch ausstehenden Berechnungsergebnisse zu einzelnen Planfällen der Schieneninfrastruktur. Auch hier muss – falls notwendig – die Ergänzung der Investitionspläne sichergestellt sein. 
  • Maßnahmenbündel sind im BVWP nicht mehr explizit adressiert, obwohl sie noch in der Grundkonzeption als besonders wirksam gelobt wurden. Auch hier ist zu prüfen, inwieweit sie in Investitionsprogrammen gezielt berücksichtigt werden können.

Verkehrsinfrastrukturbericht

Die Prognose der Verkehrsverflechtungen und die nachgelagerte Engpassanalyse werden vom DVF grundsätzlich als geeignete Grundlage für eine Priorisierung von Knoten und Engpässen sowie zur Beurteilung der Gesamtnetzwirkung von Maßnahmen begrüßt.

Es fehlt in der Verkehrsinfrastrukturpolitik allerdings immer noch das Element eines regelmäßigen Verkehrsinfrastrukturberichtes, wie er im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vorgesehen ist und vom DVF sowie anderen Verbänden eingefordert wird. Er sollte alle zwei Jahre die vorhandenen Informationen von Bund, Ländern und Kommunen zusammentragen und konsolidieren sowie Informationslücken abdecken. Er muss die Leistungsfähigkeit der Verkehrsinfrastruktur auf Basis ausgewählter Qualitätsindikatoren dokumentieren und damit als Entscheidungsgrundlage für eine solide Bereitstellung, Erhaltung und Bewirtschaftung der Verkehrsinfrastruktur dienen.

Fazit

Grundsätzlich gilt: Der BVWP 2030 wird sich an der Umsetzung messen lassen müssen. Zunächst gilt es einmal die Finanzierung zu sichern. Jährlich wäre im Durchschnitt ein Investitionsbudget von 15 Mrd. EUR erforderlich. Das ist auch exakt der Betrag, den das DVF in seinem ‚Zukunftsprogramm Verkehrsinfrastruktur‘ seit langem einfordert. Dies ist damit auch die Zielmarke, die der Investitionshochlauf mindestens erreichen muss, damit der BVWP 2030 nicht unterfinanziert an den Start geht. Da eine Verteuerung der Bauleistungen in diesem Betrag noch keine Berücksichtigung gefunden hat, ist eine realistische Dynamisierung der Investitionslinie somit dringend erforderlich.

Aus Sicht des DVF muss darüber hinaus darauf geachtet werden, dass die notwendige Priorisierung sich auch in der Umsetzung zeigt. Dies gilt umso mehr, als die Priorisierung nicht durch eine eigene Kategorie, sondern durch einen Zusatzvermerk „VB-E“ in den Projektlisten erfolgt. Insofern muss die gewünschte Priorisierung in den Investitionsprogrammen auch gelebt werden und sich gegenüber dem übrigen Vordringlichen Bedarf durchsetzen.

29. April 2016